Alles auf einen Blick

Leistenbruch

Im Körper gibt es natürliche Schwachstellen, an denen sich das Bauchfell mitsamt der Darmschlingen hindurchdrücken kann – ein Eingeweidebruch entsteht. Von einem Leistenbruch spricht man hierbei, wenn der Bruchinhalt in der Leistengegend nach außen drückt.

Einleitung

Der Leistenbruch, auch Leistenhernie genannt, gehört zu den häufigsten Erkrankungen der Bauchwand weltweit. In Deutschland werden jedes Jahr über 200.000 Patienten mit dieser Diagnose operiert.

Insbesondere Männer sind überdurchschnittlich häufig hiervon betroffen, bei Frauen ist der sogenannte Schenkelbruch häufiger.

Die Diagnose kann durch den Chirurgen normalerweise leicht im Rahmen einer körperlichen Untersuchung gestellt werden. In seltenen Fällen sind bei unklaren Befunden weitere Untersuchungen (Ultraschall, Computertomographie oder Kernspintomographie) der Leistenregion notwendig.

Was ist ein Leistenbruch?

Ein Leistenbruch entsteht im Bereich des Leistenkanals, der eine besondere Schwachstelle der Bauchdecke darstellt. Der Leistenkanal ist eine Öffnung zwischen der Bauchmuskulatur und dem Leistenband. Bei Männern ziehen die Samenstrangstrukturen (Samenleiter, Blutgefäße, Nerven), bei Frauen das so genannte Mutterband durch den Leistenkanal. Bei einem Leistenbruch tritt Bauchfell durch eine bestehende oder entstandene Lücke in den Leistenkanal ein. Bauchfell, die innere Haut, die Bauchorgane und Bauchhöhle auskleidet, ist immer beteiligt und bildet den so genannten Bruchsack aus. Oft stülpt sich auch Darm in den Bruch hinein.

Wodurch entsteht ein Leistenbruch?

Es wird zwischen angeborenen und im Laufe des Lebens erworbenen Hernien unterschieden. Die angeborenen Brüche treten oft schon im frühen Kindesalter auf. Von einem erworbenen Bruch spricht man, wenn sich im Laufe des Lebens die Schwachstelle im Bereich der natürlichen Öffnung im Leistenkanals wieder erweitert und zum Bruch führt. Häufig tritt der Leistenbruch erstmals nach schwerer körperlicher Arbeit auf.

Die Entstehung eines Leistenbruches wird begünstigt durch:
  • angeborene Bindegewebsschwäche
  • häufiges und starkes Pressen beim Stuhlgang durch chronische Stuhlverstopfung
  • häufiges Husten bei chronischen Lungenerkrankungen, vor allem bei starken Rauchern
  • Übergewicht
  • Bauchwassersucht
  • vermehrtes Heben von schweren Lasten
  • Schwangerschaft
Welche Symptome zeigt ein Leistenbruch?

Bei einem Leistenbruch ist das typische Symptom eine plötzlich auftretende schmerzlose Vorwölbung im Bereich der Leistenregion. Die Vorwölbung ist oft nur im Stehen und beim Pressen vorhanden, im Liegen verschwindet sie spontan. Gelegentlich fehlt aber auch diese Vorwölbung, vielmehr wird dann lediglich über Schmerzen im Bereich der Leiste berichtet, welche sich insbesondere bei körperlicher Arbeit verstärken. Im Übrigen findet sich meist nur ein leichter, ziehender Schmerz im Leistenbereich der betroffenen Seite, der sich auf Druck hin verstärkt und bei Männern in den Hodensack und bei Frauen in die Schamlippen ausstrahlen kann. Im Verlauf kommt es dann zu einer Vergrößerung des Bruches. Bei Männern kann der Bruch sich bis hinein in den Hodensack ausdehnen. Oft verschwindet in diesem Stadium die Schwellung im Liegen nicht mehr von selbst. Diese Hernien verursachen oft Beschwerden beim Pressen, beim Stuhlgang oder beim Wasserlassen.

Als Vorstufe eines Leistenbruches kann eine Schwäche der Bauchmuskelschichten zu erheblichen Beschwerden im Leistenkanal führen, der so genannten “Weichen Leiste“. Hier ist ein Druck auf die Nerven, die im Leistenkanal laufen, für die Schmerzentstehung verantwortlich. Die Schmerzen können bis in den Oberschenkel ausstrahlen.

Wann sollte ein Leistenbruch operiert werden?

Ein Leistenbruch sollte immer operiert werden, da er sich von alleine nicht zurückbildet ! Auch eine Behandlung mit einem Bruchband oder Stützkorsett kann den Bruch zwar wieder zurückdrängen, aber nicht heilen.

Ein unbehandelter Bruch bleibt daher immer vorhanden, vergrößert sich langsam und kann schließlich zu Beschwerden führen. Es ist möglich, dass die Symptome über Jahre hinweg gleich bleiben und sich nicht verschlimmern. Jedoch kann es jederzeit zu Komplikationen kommen. Die gefürchtetste Komplikation eines Leistenbruches ist die Einklemmung von Bruchinhalt. Dabei kann der durch die Bruchöffnung hervorgetretene Bauchinhalt nicht mehr in den Bauchraum zurück und klemmt im Leistenkanal ein. Dabei kommt es zu einer Minderdurchblutung des jeweils eingeklemmten Bruchinhaltes. Im schlimmsten Fall kann dies zur Minderdurchblutung eines Darmabschnittes führen, wodurch es zu einem Absterben des eingeklemmten Bruchanteils kommt. Die Folgen sind neben einem Darmverschluss und einer Darmlähmung eine häufig schwerwiegende und lebensbedrohliche Bauchfellentzündung. Die eingeklemmte Hernie stellt einen Notfall dar und muss umgehend operiert werden.

Der Zeitpunkt der Operation richtet sich nach den Beschwerden, der Größe der Hernie und ihrer Einklemmungstendenz. Der optimale Operationszeitpunkt muss bei jedem Patienten individuell festgelegt werden. Dabei fallen neben den aktuellen Beschwerden und der Größenzunahme des Bruches auch die Bedürfnisse des Patienten ins Gewicht. Da jedoch geplante Operationen grundsätzlich bessere Erfolgsaussichten haben als Notfalleingriffe, empfiehlt sich auch bei Patienten mit geringen Beschwerden die Operation in den nächsten Monaten nach Diagnosestellung.

Welche Operationsverfahren wenden wir an?

Die ganze Geschichte der Chirurgie des Leistenbruches ist von Bestrebungen geprägt, eine Operationsmethode zu entwickeln, bei der das Risiko eines Wiederauftretens des Bruches (so genanntes “Rezidiv“) völlig ausgeschaltet wird. Eine solche Operation gibt es bislang nicht ! Es gibt aber eine Reihe von Operationsmethoden, die heute standardmäßig angewandt werden.

In Abhängigkeit von Ihren individuellen Anforderungen, wie Alter, Beruf, allgemeiner Gesundheitszustand, körperlicher Belastung sowie Größe und Schwere des Befundes, wird die Operationstechnik für Sie sorgfältig ausgewählt.

Prinzipiell lassen sich zwei Operationstechniken unterscheiden: Die herkömmlichen “offenen“ sowie die “minimal invasiven“ (über eine Bauchspiegelung durchgeführten) Operationsverfahren. Diese beiden Verfahren sind hinsichtlich ihrer Rezidivrate gleichwertig. Jedoch aufgrund der möglichen schwerwiegenderen Komplikationen (Blutungen im Bauchraum, Verletzung von Darm oder Blase) beim minimal-invasiven Verfahren, ist dieses nur mit einem Krankenhausaufenthalt durchführbar.

Daher bieten wir in unserer Praxis nur die offene Technik in folgenden Methoden an:

a.) Operation nach Shouldice (Muskelnahttechnik)
Die Operation wird als Standard-Verfahren in der Leistenbruchchirurgie betrachtet. Hier wird das Prinzip des Bruchlückenverschlusses mit körpereigenem Gewebe verfolgt. Dies ist Jahrzehnten die häufigste Operationsvariante überhaupt, ausgehend von der so genannten Shouldice-Klinik in Kanada. Hier wird eine elastische Doppelung der einzelnen Bauchdeckenschichten schichtweise mit einem nicht auflösenden Faden durchgeführt, wobei die Verschieblichkeit der Bauchdeckenschichten erhalten bleibt.

Dieses Verfahren wird gerne bei jungen schlanken Patienten angewendet, bei denen die Bauchdecke bis auf den Bruch insgesamt stabil ist. Die Ergebnisse sind mit dem Wiederauftreten eines Bruches (sog. “Rezidiv“) unter 2 % bei Bruchlücken unter 3 cm Durchmesser hervorragend, bei größeren Brüchen treten Rezidivraten von bis zu 5 % auf.

b.) Operation nach Lichtenstein (offene Netzeinpflanzung)
Beim Lichtenstein Verfahren wird der Defekt in der Leistenregion mit einer einzelnen Nahttechnik in Verbindung mit der Implantation eines Kunststoffnetzes behoben. Hierbei wird ein quadratisches Netz mit der obersten Muskelschicht vernäht. Im Verlauf bildet sich um die Maschen des Netzes straffes Narbengewebe, das zusammen mit dem Kunststoffnetz eine Unterstützung für das Bindegewebe bietet. Die mittlerweile langjährige Erfahrung mit Kunststoffnetzen zeigt, dass sich die anfängliche Befürchtung von Abstoßungsreaktionen nicht bestätigen ließ.

Dieser Bruchlückenverschluss wird bei älteren Patienten, bei denen die Bauchdecke keine ausreichende Stabilität für eine primäre chirurgische Naht aufweist, bei größeren Bruchlücken, sowie bei Rezidiv-Eingriffen (Wiederauftreten eines bereits behandelten Leistenbruches) empfohlen. Die Ergebnisse sind hierbei mit Rezidivraten unter 5 % gut.

c.) Operation nach Rutkow (offene Netzeinpflanzung)
Die offene Hernienoperation mit dem Perfix Plug wurde Anfang der achtziger Jahre durch I. Rutkow aus New Jersey eingeführt und ist inzwischen zur häufigsten Operation in den USA geworden. Hier wird in sublay-Technik (unter das Gewebe) eine Plombe (“Plug“) in Form eines Schirmchens in die eigentliche Bruchlücke eingenäht und anschließend in onlay-Technik (auf das Gewebe) ein weiteres flaches Netz in den Leistenkanal eingelegt.

Die Ergebnisse sind auch hierbei mit Rezidivraten unter 5 % gut.

Welche Methode für Sie in Frage kommt, werden wir im Rahmen einer individuellen Beratung ausführlich mit Ihnen besprechen. Im Rahmen der offenen Leistenbruchoperationsverfahren sind sowohl die Muskelnahttechnik (Operation nach Shouldice) als auch die offene Netzeinpflanzung (Operation nach Lichtenstein oder Operation nach Rutkow) in Vollnarkose oder Lokalanästhesie möglich.

Kann es Komplikationen geben?

Wie bei jeder Operation können sich auch bei der Behandlung der Leistenhernie unerwünschte Ereignisse einstellen. Schwere und lebensgefährliche Komplikationen sind dabei jedoch außerordentlich selten.

Neben den für alle Operationen möglichen allgemeinen Komplikationen wie Blutungen, Infektionen, Thrombosen und Emboliegefahr, sind bei allen genannten operativen Verfahren Schwellungen im OP-Bereich, bedingt durch Blutergüsse oder Gewebewasseransammlungen, relativ häufig. In aller Regel verschwinden diese Schwellungen in kurzer Zeit.

Auch leichte Schmerzen im OP-Gebiet, Nervenschmerzen (brennender Schmerz von der Wunde ausstrahlend bis an die Oberschenkelinnenseite) oder Gefühlstörungen werden beobachtet. Die Schmerzen lassen bald nach, die Gefühlsstörungen, die häufig nur einen kleinen Hautbereich betreffen, können jedoch auch länger anhalten oder auf Dauer bestehen bleiben.

Ein Wiederauftreten des Bruches an gleicher Stelle kann bei allen OP-Verfahren vorkommen, ist aber bei Verwendung von Kunststoffnetzen seltener. Verhärtungen und Schrumpfungen im Bereich der eingesetzten Kunststoffnetze sind sehr selten, eine Allergie oder Abstoßung kommt praktisch nicht vor.

Wie geht es nach der Operation weiter?

Nach der Operation können Sie je nach Art des Betäubungsverfahrens gleich oder nach einer ausreichenden Ruhezeit aufstehen. Längere Liegezeiten sind unnötig und sollten auch wegen der Gefahr der Bildung einer Thrombose mit nachfolgender Embolie vermieden werden.

In den ersten Stunden nach der Operation sollten Sie keine Schmerzen haben, da wir auch bei Operationen in Vollnarkose routinemäßig eine örtliche Betäubung des OP-Gebietes vornehmen. Für später einsetzende lokale Schmerzen erhalten Sie von uns ein Rezept über ein leichtes Schmerzmittel.

Der erste Verbandswechsel erfolgt am zweiten Tag nach der Operation in unserer Praxis. Eine Entfernung der Hautfäden ist nicht notwendig, da selbstauflösendes Nahtmaterial verwendet wird. Ab dem zweiten Tag nach der Operation können Sie duschen.

Die Arbeitsunfähigkeit beträgt je nach beruflicher Belastung 2 bis 3 Wochen. Leichte sportliche Aktivitäten wie Wandern, Walking, Rad fahren oder Schwimmen sind in Abhängigkeit von Ihren Beschwerden nach zwei Wochen wieder möglich, die Wundheilung sollte auf jeden Fall abgewartet werden. Das Heben von schweren Gegenständen über zehn Kilogramm sollten Sie jedoch etwa zwei Monate vermeiden.